Viele Unternehmer sind so gut wie Pleite
Immer mehr entscheiden sich für die letzte Möglichkeit entgegen der aktuellen Vorschriften doch zu öffnen!
Ich bewundere Ihren Mut oder trauere über Ihre Verzweiflung.
Die Rechtslage aus Sicht einer Rechtsanwältin:
Rechtsfragen zum Thema „Wir machen auf“
Seit November 2020 befindet sich Deutschland erneut in einem zweiten bundes
weiten Lockdown, der insbesondere die kleinen und mittelständischen Betriebe
an den Rand ihrer Existenzgrundlage treibt. Ein Ende der Lockdown-Maßnahmen
ist bis auf weiteres auch in den nächsten Wochen nicht in Sicht.
Die Anordnung zur Schließung nahezu aller Geschäfte und Betriebe beruht auf
den jeweiligen Corona-Verordnungen der Bundesländer, die immer wieder ver
längert werden, aktuell bis 31. Januar 2021. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass
– entgegen der Versprechungen der Politik, den Einzelhandel nicht wieder zu
schließen – die Betriebsschließungen auch danach noch viele Wochen und Mo
nate angeordnet werden könnten.
Eine große Zahl von Gewerbetreibenden, Unternehmern und Selbstständigen hat
inzwischen kein Verständnis mehr für diese Maßnahmen. Ihre Wut und nackte
Verzweiflung über die Lügen der Politik und die kaltschnäuzige Fortsetzung von
existenzvernichtenden Maßnahmen könnte viele Unternehmer dazu bewegen,
dem Aufruf „Wir machen auf“ zu folgen und ihr Unternehmen ab kommenden
Montag, 11. Januar 2021 – oder später – wieder zu öffnen.
Ich wurde von mehreren Einzelhändlern gebeten, die rechtlichen Rahmenbedin
gungen sowie die rechtlichen und tatsächlichen Risiken zu beleuchten, die bei
Öffnung ihrer Geschäfte, Unternehmen, Läden oder Salons zu beachten sind.
- Haben Sie ein Recht zur Öffnung Ihres Betriebes?
Das Recht, einen Betrieb zu führen, zu unterhalten, zu schließen und zu öffnen,
ergibt sich
• aus der Gewerbeordnung, § 1 GewO: Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann
gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorge
schrieben oder zugelassen sind.
• aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit, Art. 12 GG: „Alle Deutschen ha ben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.
• aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art.15: Jede
Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf
auszuüben. Alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mit
gliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu er
bringen.
• aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Art. 23: Jeder hat
das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedin
gungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
• aus dem Unionsrecht (Europarecht) nach Art. 21 AEUV Freizügigkeit, Art. 56 AEUV der freie Dienstleistungsverkehr, Art. 49 AEUV Niederlassungsfrei
heit und Art. 28 AEUV der freie Warenverkehr.
- Unter welchen Voraussetzungen kann dieses Recht beschränkt werden?
2.1 Die Schließung auf Basis des § 28 a Infektionsschutzgesetz
Die Berufsfreiheit kann nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG durch ein Gesetz oder aufgrund
eines Gesetzes beschränkt werden.
Die aktuellen 16 Corona-Verordnungen stützen die Betriebsschließungen auf § 28 a
Abs. 1 Nr. 11 – 14 IfSG. Voraussetzung für die Schließung oder Beschränkung von
Betrieben ist nach § 28 a IfSG jedoch zunächst - Das Vorliegen einer epidemischen Lage.
- Die Notwendigkeit der Schließung von Betrieben als Schutzmaßnahme zur
Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit. - Die Ausrichtung der Schutzmaßnahmen an dem Schutz von Leben und Ge
sundheit und an der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems.
Ferner sind bei der Entscheidung über solche Schließungen soziale, gesellschaftli
che und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit
einzubeziehen und zu berücksichtigen, § 28a Abs. 6 S. 1 IfSG.
Die wochenlange und monatelange Schließung von Betrieben und Geschäften stellt
eine gravierende Grundrechtsverletzung dar, die die oben benannten Rechte, eben
so wie die Menschenrechte und die Rechte aus der EU-Charta in beispielloser Weise
beeinträchtigen.
Hierfür müssen triftige Gründe vorliegen, die jedoch von den Landesregierungen
zu belegen und zu beweisen sind. Die zuvor genannten drei Voraussetzungen
müssen also zunächst erfüllt sein, um die in § 28 a IfSG genannten „Schutzmaß
nahmen“ – hier die Betriebsschließungen – überhaupt rechtfertigen zu können.